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Ein Urlaubstag in Uelversheim

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Hallo Ihr Lieben, die letzten Monaten war ich öfter mal in Uelversheim. Eine Frage habe ich mir immer wieder gestellt: ist es möglich einen Urlaubstag in der merkwerdischen Gemeinde zu verbringen? Gibt es genug zu entdecken? Ist die kleine Gemeinde nicht zu klein?

An einem wunderschönen Herbsttag bin ich mit den Tourismusbeauftragen der Gemeinde Rita Krämer und Claudia Deiss verabredet. Wir möchten den Tag gemeinsam verbringen und Uelversheim erkunden.

Schon an unserem Treffpunkt am Rathaus gibt es einiges zu entdecken. 

Das Ortswappen der Gemeinde auf der Fassade des schönen 1984/85 renovierten Rathauses fällt sofort ins Auge. „Wie viele Ortswappen geriet es in den letzten 150 Jahren in Vergessenheit" verriet mir Rita Krämer. „Ein Original-Siegelstempel wurde 1913 wiedergefunden. Erst in den 60er Jahren wurden die Ortswappen wieder „salonfähig". Das aktuelle Ortswappen auf dem Rathaus zeigt den örtlichen Kirchenpatron St. Martin und den Leininger-Adler".

Das Uelversheimer Rathaus erfüllte nach seiner Erbauung 1797 in einer bewegten Zeit mehrere Funktionen. Neben der Dorfverwaltung und dem Ortsgericht waren darin das Standesamt und eine Arrestzelle untergebracht. Im Erdgeschoss hatte bis zum Neubau des Feuerwehrhauses 2005 die Freiwillige Feuerwehr ihr Domizil. Kaum zu glauben, dass ein Feuerwehrauto Platz darin fand.

Vor dem Rathaus befand sich auch die gemeindeeigene Waage. 

Vor dem Rathaus steht die Bronzefigur „Wingertschütz". Auch über diese Figur gibt es einiges zu erzählen. „In jedem Dorf gibt und gab es besondere Menschen. Karl Martin, seinerseits Wingertschütz, sorgte dafür, dass die Staren die Weintrauben nicht zerstören und wegpicken. Er benutzte nicht nur seine Flinte, sondern trommelte auch durch die Weinberge, um diese zu verscheuchen. Er war ein sehr geselliger Mensch und ließ sich überall in Uelversheim zu einem Gläschen oder zwei einladen und war sehr beliebt."  

1362 hatte Uelversheim zwei Kirchen: eine Oberkirche und eine Unterkirche. Die Unterkirche befand sich direkt gegenüber dem Rathaus und war dem heiligen Martin geweiht. Sie wurde leider baufällig und abgerissen. Die Rosetten der Kirche konnten gerettet und in dem Anwesen auf dem damaligen Platz eingebaut werden.  

Die zweite Kirche war dem heiligen Nazarus gewidmet und wurde 1720 wegen Baufälligkeit abgerissen. An deren Stelle befindet sich heute die „merkwerdische" Kirche. Diese gab den Uelversheimern den Spitznamen „die Merkwerdische" den sie mit vollem Stolz tragen. Der Freiburger Baumeister gestaltete die Kirche in der Form eines regelmäßigen Oktagons (Achteck). Die damalige Gräfin von Leininger hat den Bau sehr gefördert. Der zweite Eingang war den Grafen vorbehalten und heißt deshalb auch heute noch Grafeneingang. Von dort gelangte man auf direktem Weg zum Uelversheimer Schloß der Leininger. Endgültig fertiggestellt wurde der Kirchenbau erst 1730, da nämlich, nachdem der Bau bis zur Höhe der Fenster errichtet war, der Freiburger Baumeister zusammen mit seinen Gesellen mit Schimpf und Schande fortgejagt war. Nach langwierigen Verhandlungen konnte er dann einige Jahre später zur Fortsetzung und Vollendung des Baues wiedergewonnen werden. Die Einweihung fand dann am 15. Oktober 1730 statt.

Die Kirche wurde 2018 innen umfangreich und sehr geschmackvoll renoviert und hat sich zu einem wahren Juwel entpuppt. Meine Begleiterinnen haben den Kirchenschlüssel und gewähren mir den Luxus einer persönlichen Führung. 

Weitere Informationen über die Kirche und auch Bilder findet Ihr hier.

Wir laufen jetzt zur Straße „Am Graben". Auch diese ist besonders, merkwerdisch. Aber später darüber mehr.
Von dem Sasselbach, der früher durch den Graben floss, ist bis auf die Markierungen auf dem Boden, nichts mehr zu sehen. Diese Markierung wurde anlässlich der 1250 Jahrfeier der Gemeinde angebracht. „Mein Elternhaus war war in der Obergasse", verriet mir Claudia Deiss, „auf dem Weg zum Kindergarten musste ich entlang des Grabens laufen. Ich habe mich immer davor gefürchtet und hatte Angst hineinzufallen. Er war kaum gesichert".

An dem schönen Platz in der Mitte der Straße befand sich der „Wäschbach mit dem Spritzbrühhaus". An dem offenen Brunnen entnahm der Spritzbrühmeister das Wasser. Wie üblich zur damaligen Zeit wuschen die Frauen am Brunnen die Wäsche öffentlich. Und natürlich wurden die Neuigkeiten des Dorfes ausgetauscht. Da brauchte man keine Zeitung 😉

Auch über das frühere Kapellchen Am Graben 4 und über den Jungen, der wegen Übermut in den Graben gefallen war, wurde am Brunnen erzählt. 

Es ist schon fast 12 Uhr, langsam bekommen wir Hunger. „Wir haben zwei Gaststätten im Ort: die Bayerische Botschaft auf dem Rathausplatz und die kleine Pizzeria Mama Lucia in der Dolgesheimer Straße" berichtet Rita Krämer. 

„Es gibt noch eine andere Lösung: die Bäckerei Beny an der Ecke Römerstraße/Eisgasse und die Geflügelmetzgerei Wagner in der Guntersblumer Straße sind geöffnet und bieten alles was man für einen kleinen Picknick an der frischen Luft benötigt." Klingt doch nach einem guten Plan, zumal Uelversheim sehr schöne Picknickecken hat.

Nachdem wir bei Beny reichlich Brötchen, Stückchen und Getränke gekauft haben, zeigen mir meine Begleiterinnen noch den Angelbaum. Leider steht der Originalbaum oder eher beide Ulmen heute nicht mehr. Sie wurden im kalten Winter 1944/45 gefällt und als Brennholz verwendet. Unter dem Angelbaum sollen früher die örtlichen Gerichtsverhandlungen öffentlich gehalten worden sein. Heute steht dort wieder ein Laubbaum als Erinnerung an diese geschichtsträchtige Zeit. Hinter dem „Angelbaum" befindet sich übrigens die Post der Gemeinde. Dort, im „Kolibri" findet Ihr auch kleine Souvenirs und Geschenke.

Die nächste Station unserer Erkundung ist der achteckige Dorfbrunnen. Er befindet sich vor dem Dorfgemeinschaftshaus und symbolisiert den Dreh- und Angelpunkt des dörflichen Lebens.

Das Dorfgemeinschafthaus ist die achte Station des historischen Rundgangs durch die Gemeinde. 

Den Plan des Rundgangs findet Ihr hier: 

 Wir schlendern jetzt durch die Gassen am Uelversheimer Schloss und am Dalles vorbei. Am Uelversheimer Schloss wird kräftig gearbeitet und renoviert. Das Schloss war die Sommerresidenz der Leininger Grafen.

„De Dalles" war lange Zeit Treffpunkt der Einheimischen zum Austausch der örtlichen Neuigkeiten. Bis zur Fertigstellung des Dorfgemeinschaftshauses 1992 wurde am Dalles die Kerb eröffnet und der „Kerwebaam" aufgestellt.

Wir sind jetzt an unserer Picknickstelle unterhalb des Hochbehälters angekommen. Habt Ihr es bemerkt? Auf der Inschrift des Wasserbehälters steht der Name "Wald-Uelversheim". Hatte Uelversheim 1906 vielleicht einen Wald? Die Homepage der Gemeinde lüftet das Geheimnis. „Im Jahre 1797 traf ein Trupp französischer Soldaten ein, die eigentlich nach Waldhilbersheim (im Guldenbachtal, westlich der Nahe liegend) wollten. Vom langen Marsch erschöpft, verspürten die Franzosen wenig Lust zum Weiterziehen und erklärten das klingende "Uelversheim" kurzerhand zu "Wald-Uelversheim". Diese offizielle Bezeichnung hatte auch ohne irgendwelche Anzeichen einer größeren Aufforstung bis ins Jahr 1930 Bestand, als der Zusatz "Wald" wieder aus dem Ortsnamen entfernt wurde." „Merkwerdisch" wie einiges in der Gemeinde. 

Was für ein wunderschöner Platz. Wir lassen uns von der Herbstsonne verwöhnen und genießen die zauberhafte Aussicht. Die Fernsicht geht von Darmstadt links bis Worms rechts. Dazwischen unter anderem Pfungstadt, Seeheim-Jugenheim, Weinheim, Mannheim.

Wir haben nach dem Essen richtig Lust bekommen das schöne Herbstwetter zu genießen und zu wandern. Unser Ziel soll das Graunsberghäuschen sein. Hin und zurück wird unsere Wanderung ca. 7,5 km lang sein. Dafür ist es fast flach. 

Den genauen Streckenablauf findet Ihr am Ende des Blogs. Die App Outdooractive ist kostenlos und lässt sich auf alle mobilen Telefone laden..

Wir kreuzen nun die L437 und umrunden immer links den Weinberg. Wir sind nun wieder vor dem Geflügelhof Wagner angekommen. Wir biegen nun rechts ab. Nach ca. 200 m biegen wir wieder nach links und schon sehen wir zwischen zwei Baumreihen den Uelversheimer Hohlweg.

Der Uelversheimer Hohlweg ist 100 m lang und gut erhalten. Ich erfahre, dass der Hohlweg im Winter gerne als Schlittenbahn benutzt wurde. 

Wir sind nun im Gärtnerweg angekommen. An der Ecke Dienheimer Straße/Obergasse biegen wir nach Links und in die Eisgasse wieder nach rechts, und nach wenigen Metern rechts in die Ostergasse.

Wir umrunden links die Gärten, bis wir am Sasselbach angekommen sind. Diesem folgen wir auf dem Naturweg rechts. Nach ca. 1,3 km überqueren wir den Sasselbach und biegen wieder nach rechts. Die Weinberge und Obstwiesen sind so wunderbar bunt im goldenen Oktober. Einfach herrlich.

Der Sasselbach ist nun auf unserer rechten Seite. Am Schotterweg biegen wir links ab und sehen schon das Graunsberghäuschen.

Das „Wingertshaisje", wie die Rheinhesse sagen, diente früher als Schutz vor Regen, Gewitter und Hitze für die arbeitenden Winzer in der Weinlage. Es wurde sehr wahrscheinlich im 18. oder 19. Jahrhundert errichtet.
Das Weinbergshäuschen wurde von aktiven Uelversheimern liebevoll restauriert und 2015 von der Rheinhessichen Weinbruderschaft prämiert. Der mit Erde bedeckte tonnengewölbte Rechteckbau erinnert an einen Gewölbekeller. Im Inneren lädt eine umlaufende, gemauerte Bank zum Sitzen ein.

Heute lädt sie die Wanderer und uns zu einer Pause ein. Wie gut, dass wir heute Vormittag Kuchenstückchen bei der Bäckerei Beny eingekauft haben. 

Auf dem Gelände befindet sich ein Rotbeerbaum und ein sehr schönes Insektenhotel. Viele Blumen sind leider schon verblüht, aber ein paar blühende Malven konnten wir jedoch entdecken.  

Wir verlassen diesen wunderschönen Ort und biegen nach der Wiese links ab. Der asphaltierte Weg bringt uns entlang von Felder und Gärten nach gut zwei Kilometern zum historischen Uelversheimer Friedhof. Er wurde im 19. Jahrhundert neu angelegt. In der Mitte befindet sich ein Kriegerdenkmal (1841) mit Gedenktafeln der Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege sowie einer Figurengruppe mit sterbendem Kameraden in Bronze.

Am Eingang des Friedhofes, gegenüber der Trauerhalle, erinnert das Grabdenkmal eines Uelversheimer Bürgers, Georg Stepp, an die Zeit, in der „Wald Ülversheim" zur Französischen Republik gehörte. Die Inschrift ist nur mit Mühe zu lesen: „Hier ruhet Georg Stepp geb. den 16. Juli 1796, gestorben am 17. April 1845. Von 1809 bis 1815 Grenadier… 39.ter Linienregiment der kaiserlich-französischen Armée".

Mit müden Beinen laufen wir wieder zu unserem Ausgangspunkt, dem Rathausplatz, zurück. Dabei stellen wir fest, dass Uelversheim noch viel mehr zu bieten hat. Mehr als genug für einen Tag in Uelversheim…

Bei unserem nächsten Treffen wollen wir noch das renovierte Schloss, den Kellerweg und einige Weingüter besuchen. Ich erfahre, dass einige Winzer auch Ferienwohnungen und Übernachtungsmöglichkeiten anbieten. Wie wäre es beim nächsten Mal mit einem Wochenende in Uelversheim?

Ich freue mich schon darauf. 

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